Die „Geldanlage mit gutem Gewissen“ ist ein Trendthema. Aber was hat es mit nachhaltigen Fonds genau auf sich, und haben sie vielleicht auch Nachteile?
Was sind nachhaltige Fonds?
Nachhaltige Fonds sind ein Teilbereich der „nachhaltigen Geldanlagen“.
Nach einer gängigen Definition besagt das Adjektiv „nachhaltig“, dass eine Entwicklung „den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ (Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, 1987).
Als Konkretisierung dieser breiten Bestimmung werden häufig drei „Dimensionen der Nachhaltigkeit“ benannt. Damit etwas nachhaltig ist, muss es ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig sein (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)).
„Nachhaltige“ oder „verantwortliche“ Fonds sind Investmentfonds, die genau das versprechen. Neben den klassischen Geldanlage-Faktoren Rendite, Verfügbarkeit und Sicherheit orientiert sich ihre Anlagestrategie zusätzlich an ethischen, sozialen und/oder ökologischen Kriterien. Diese werden häufig als „ESG“-Kriterien bezeichnet, was ein Akronym für „Environmental, Social and Governance“ ist (Übersetzung: „Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung“).
Anlegern/innen, so wird suggeriert, können mit nachhaltigen Fonds also „guten Gewissens“ Ihr Geld anlegen, ohne moralisch fragwürdige Unternehmen und Projekte zu unterstützen.
Ganz so einfach funktioniert es aber nicht, denn es gibt keinerlei verpflichtende (Mindest-)Standards für nachhaltige Investments. Welche ESG-Kriterien ein Fonds beachtet und welche nicht, kann ein Fonds frei entscheidet. Bei deren Anwendung gibt es mehrere Ansätze, die auch miteinander kombiniert werden können.
„Best in Class-Ansatz“:
Fondsmanager/innen suchen gezielt Unternehmen oder Projekte heraus, die sich im Vergleich zu Ihren Branchen „vorbildlich“ benehmen, d.h. besonders strenge Standards umsetzen.
Ausschlussverfahren:
Fondsmanager/innen schließen Unternehmen und Projekte aus, die bestimmten Branchen angehören (z.B. Waffen-, Alkohol und Tabakherstellung) oder denen bestimmte Geschäftspraktiken nachgewiesen wurde (z.B. Kinderarbeit, Bestechung). Dieser Ansatz ist sehr verbreitet und wird nach Daten des FNG (Forum nachhaltige Geldanlage) bei 99 % der nachhaltigen Fonds angewendet.
Die gängigsten Ausschlusskriterien in Deutschland |
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(Quelle: FNG - Forum nachhaltige Geldanlagen: Markbericht nachhaltige Geldanlagen 2020) |
„Impact Investments“:
Fondsmanager/innen investieren in ausgewählte Unternehmen oder Projekte, die besonders positive Auswirkungen in Bezug auf Nachhaltigkeit haben sollen. Das könnten beispielsweise Windkraftanlagen sein oder Forschungsunternehmen, die umweltschonende Technologien entwickeln.
Wie entwickelt sich der Markt für nachhaltige Fonds?
Das Thema „nachhaltige Investments“ hat in den letzten Jahren viel mediale Aufmerksamkeit bekommen und wird häufig als starker Trend dargestellt. Aber schlägt sich das wirklich im Anlageverhalten nieder, oder ist das Thema nur „pressewirksam“?
Der Verband FNG (Forum Nachhaltige Geldanlagen) hat einen umfangreichen „Marktbericht 2020“ veröffentlicht, anhand dessen sich die Entwicklung des Marktes analysieren lässt.
Nachhaltige Fonds und Mandate sind mit 5,4 % Marktanteil ein „Nischenphänomen“, das jedoch schneller als der Gesamtmarkt wächst. 2019 wuchs das Volumen der Privatinvestitionen in nachhaltige Fonds und Mandate um 96 % im Vergleich zum Vorjahr.
„Nachhaltigkeit“ ist jedoch alles andere als ein reines Privatinvestorenthema, denn rund 89 % der Investments stammten von institutionellen Investoren.
Insgesamt wurden 2019 im deutschsprachigen Raum 269,3 Milliarden € in nachhaltige Geldanlagen investiert, was 23 % mehr sind als noch 2018.
Wer bietet nachhaltige Fonds an?
Vor wenigen Jahren waren nachhaltige Geldanlagen noch ein Nischenthema, das nur von wenigen Investmenthäusern bedient wurde.
Mittlerweile hat der Trend jedoch so viel Kraft gewonnen, dass sich ihm kaum ein Anbieter entziehen kann.
Beispielsweise werden mehrere „nachhaltige“ Pendants zu vielen bekannten Fonds und ETFs angeboten. Diese sind häufig an den Kürzeln „ESG“ oder „SRI“ im Namen erkennbar.
Fonds | Beispiel für „nachhaltige“ Version |
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iShares MSCI World | iShares MSCI World ESG Screened UCITS ETF |
iShares MSCI Europe UCITS ETF | iShares MSCI Europe SRI UCITS ETF |
DWS Top Dividende | DWS Invest ESG Equity Income |
ARERO - Der Weltfonds | ARERO – Nachhaltig |
Dabei kann es sich beispielsweise um Fonds handeln, die mit bestimmten Ausschlusskriterien „bereinigt“ wurden oder um Fonds, bei denen ESG-Vorreiter stärker vertreten sind.
Manche Fondsanbieter sind bereits dazu übergegangen, flächendeckend nachhaltige Standards anzuwenden. So wirbt der bekannte französische Asset Manager Carmignac damit, mittlerweile bei allen Investments einen ESG-Filter anzuwenden.
Wer entscheidet, welche Fonds „nachhaltig“ sind?
Da es keine Mindeststandards für Bezeichnungen wie „nachhaltig“ und „verantwortlich“ gibt, sind die Anleger/innen selbst gefragt. Zunächst müssen sie Ihre persönlichen Vorstellungen von Nachhaltigkeit definieren.
Das ist nicht so einfach wie es zunächst klingt, denn über einige Fragen sind sich auch Nachhaltigkeitsexperten uneinig. Ein Beispiel ist die Atomkraft: Soll hier die Devise „Nein, danke“ gelten oder ist sie aufgrund Ihrer Emissionsfreiheit akzeptabel?
Anschließend müssen sie sich über die Nachhaltigkeitskriterien einzelner Fonds informieren und entscheiden, ob diese ihren Vorstellungen gerecht werden. Dafür können sie beispielsweise die Datenbank des Forums nachhaltige Geldanlage nutzen, in der die Nachhaltigkeitsprofile hunderter Fonds aufgelistet sind.
Als Informationshilfe können außerdem Siegel oder Zertifikate dienen, die mittlerweile von verschiedenen Verbänden und Analysegesellschaften herausgegeben werden.
Auf jeden Fall ist es jedoch unzureichend, sich blind auf Siegel oder abstrakte Verspechen zu verlassen. Experten befürchten, dass die wachsende Nachfrage auch zu mehr Greenwashing, d.h. inhaltslosen und ausschließlich marketingwirksamen Nachhaltigkeits-Kennzeichnungen, führen wird.
Müssen Anleger/innen mit nachhaltigen Fonds auf Rendite „verzichten“?
Ethik und Rendite: ein klassisches Nullsummenspiel? Diese Vermutung liegt nahe, wenn man beispielsweise an das Konzept einer „Wirtschaft ohne Wachstum“ denkt.
Egal, ob Ressourcenschonung oder Veganismus – häufig gehen moralische Appelle mit der Forderung nach bewusstem Verzicht einher. Müssen Anleger/innen also einen Teil ihrer Renditechancen aufgeben, wenn Sie nachhaltig investieren wollen?
Nach einer Auswertung der Stiftung Warentest stimmt das nicht. So schneidet der nachhaltige Index MSCI World SRI seit Jahren besser ab als sein „reguläres“ Pendant MSCI World. Das war auch während der Corona-Krise so.
Ein Grund dafür ist, dass sich viele „nachhaltige“ Branchen tatsächlich gut entwickeln. Beispielsweise haben Produzenten alternativer Energien in den letzten Jahren besser abgeschnitten als Ölkonzerne.
Tatsächlich gibt es plausible Argumente, weshalb ein Fokus auf Nachhaltigkeit sich zukünftig vorteilhaft für Unternehmen auswirken könnte:
- Wenn die Klimaziele in Zukunft stärker politisch verfolgt werden, könnten vor allem Unternehmen „abgestraft“ werden, die sich bisher nicht um eine Nachhaltigkeitsstrategie gekümmert haben.
- Unternehmen mit guter Nachhaltigkeitsstrategie können diese werbewirksam nutzen, um Ihre Marke zu stärken. Ein Unternehmen mit schlechter Nachhaltigkeitsbilanz dagegen trägt das Risiko, verklagt zu werden oder ins Zentrum einer negativen Medienkampagne zu geraten.
- Die Forschung an umweltfreundlichen Produkten und deren Entwicklung sorgt oft dafür, dass sich das allgemeine Innovationspotenzial eines Unternehmens erhöht.
- Durch nachhaltige Technologien lassen sich Kosten einsparen, wie beispielsweise Energiekosten.
Trotzdem gilt: Wenn ein Fonds als „nachhaltig“ betitelt wird, sagt das nichts über seine Wertstabilität oder Performance aus. Je nach Anlagestrategie kann er die gleichen Risiken haben wie andere Investmentfonds auch.
Ein möglicher Nachteil von nachhaltigen Fonds ist eine geringere Streuung, denn sie haben per Definition weniger Investment-Optionen als Fonds ohne ESG-Einschränkungen. Generell stehen aber selbst dann so viele Unternehmen und Branchen zur Auswahl, dass dies nicht als ein „strukturelles Problem“ von nachhaltigen Fonds gilt.